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Inspektion eines Abwasserdükers in Koblenz

Anfang der 1970-iger Jahre entstand in unmittelbarer Nähe vom „Deutschen Eck“ eines der wichtigsten Abwasserbauwerke in Koblenz: der 294 m lange Moseldüker. Durch ihn werden seitdem ca. 70 % des Abwassers unterhalb der Moselsohle nach Koblenz-Lützel geleitet und von dort aus über ein Abwasserpumpwerk zum Zentralklärwerk nach Koblenz-Wallersheim. Er besteht aus zwei Abwasserrohrleitungen DN 800 und DN 1250 aus duktilem Gusseisen, vier Trinkwasserrohrleitungen (PE) und sechs Kabelschutzrohren (PE). Zu den komplexen Komponenten gehören auch das Düker-Oberhaupt und das Düker-Unterhaupt mit seinen Regenwasser- und Schmutzwasserpumpen.

Der Anlass zur Dükerinspektion

Abgesehen von dem inzwischen erforderlichen Nachweis der Dichtigkeit der Dükerleitungen gegenüber der Aufsichtsbehörde (EÜVOA / SÜVOA), befanden sich auch Teile im Düker-Oberhaupt und Düker-Unterhaupt in einem kritischen Zustand. Eine Sanierung tat hier also ganz offensichtlich Not. Für die Stadtentwässerung Koblenz (SEK) stellte sich die entscheidende Frage: Ist die Investition zur Sanierung der angrenzenden Bauwerke Düker-Oberhaupt und Düker-Unterhaupt samt Pumpwerk im Hinblick auf die fehlenden Kenntnisse über den Zustand der beiden seit 44 Jahren in Betrieb befindlichen Dükerrohrleitungen überhaupt noch wirtschaftlich? Denn: Sollte der Düker für die weitere Nutzung unbrauchbar, bzw. nicht mehr sanierungsfähig sein, müssten definitiv völlig neue planerische Überlegungen angestellt werden. Es musste also auch der Zustand der beiden Dükerrohrleitungen beurteilt werden und das im Rahmen einer Inspektion.

 

Randbedingungen für das Prüfverfahren

Um die gesamte Problematik zu erfassen und festzuhalten, was das Inspektionsverfahren leisten muss, schien es sinnvoll, dafür zunächst die wesentlichen Randbedingungen zu definieren. Das Prüfverfahren sollte:

  • unter Vollfüllung der Dükerleitungen funktionieren
  • Aussagen über die Gebrauchsfähigkeit liefern
  • Daten über die Restlebensdauer übermitteln
  • Daten über die Lage der Dükerleitungen übertragen
  • in einem akzeptabel kalkulierbaren Zeitraum durchführbar sein

 

Anforderungen an das Prüfsystem

Darauf aufbauend musste ein Prüfsystem mit besonderen Merkmalen gefunden werden und man präzisierte die erforderlichen Anforderungen, die sich nahezu ausschließlich aus der Zugänglichkeit zum Prüfobjekt ergaben:

  • Die Dükerleitungen sind nicht für eine Molchung vorgesehen. Molchschleusen sind nicht vorhanden. Die Einschleusung muss über das Düker-Unterhaupt erfolgen.
  • Der Zugang zu den Dükerleitungen ist nur von einem Ende möglich. Das Prüfsystem muss eine bi-direktionale Verfahrbarkeit ermöglichen.
  • Die Dükerleitungen sind auf ihrer Innenfläche beschichtet. Das Prüfsystem muss für eine Prüfung der Leitungswand durch die Beschichtung anwendbar sein.
  • Eine umfassende Reinigung vor der Inspektion ist nicht möglich. Die Oberflächen können noch Rückstände oder Ablagerungen aufweisen. Die Prüfung muss auch bei Vorhandensein von geringfügigen Rückständen oder Ablagerungen möglich sein.
  • Die Rohrleitung soll im gefüllten Zustand geprüft werden, wobei eine vollständige Füllung ohne Luftblasen nicht gewährleistet werden kann. Das Prüfsystem muss unabhängig von Koppelmedien unter Wasser und unter Atmosphärenumgebung anwendbar sein.

 

Lösungsansatz für die Inspektion

Es wurde schließlich ein Prüfsystem gewählt, das metallische Rohrsysteme mit Wirbelstrom nach der SLOFECTM (Saturation LOw Frequency Eddy Current)- Technologie auf Korrosion untersucht. Es basiert auf der Technik des Wirbelstromverfahrens. Die Andernacher Ingenieure überzeugten die Verantwortlichen der Stadtentwässerung Koblenz von Einsatz und Erfolg dieser Inspektionstechnik, die öffentliche Ausschreibung erfolgte dann nach getrennten Losen: Dükerreinigung und Dükerinspektion.

Ringkolbenventil

SLOFECTM-Funktionsprinzip

Durchführung

Die Ausschreibung für die Reinigung gewann die Norand Industrieservice GmbH, Löbnitz, Gewinner der Ausschreibung für die Inspektion waren die 8SEAS consulting engineers – water + energy, Nackenheim. Als ausführendes und bauüberwachendes Unternehmen beauftragte 8SEAS die erfahrene und auf Inspektionsverfahren spezialisierte KontrollTechnik GmbH aus Schwarmstedt, die für die Prüfung von erdverlegten Rohrleitungen in Industrieanlagen verschiedene SLOFEC® Internal Pipe Scanner Typen entwickelt hat.

Für die intensive Reinigung der beiden Dükerrohrleitungen benötigte man im 24-Stunden-Betrieb vier Arbeitstage pro Rohrleitung, und füllte dann die Rohre mit Frischwasser. Anschließend musste ihre Lage in der XYZ-Position unter dem Fluss ermittelt werden. Dazu bedienten sich die 8SEAS consulting engineers der 3D-Kreiselmessung mit dem Ductrunner-Messverfahren.

Die zerstörungsfreie Prüfung der Rohrwandungen erfolgte dann mit dem SLOFEC® Internal Pipe Scanner Typ PLS beginnend im Düker-Unterhaupt, durchlief die Dükerrohrleitungen (DN 800 ZM-Auskleidung, DN 1250 Epoxidharz-Auskleidung) und endete am Düker-Oberhaupt:

Ringkolbenventil

Hinablassen des SLOFEC® Scanners

Der kabelgebundene Scanner wurde an die Dükeröffnung in ca. 15 m Tiefe hinabgelassen, in den Düker eingesetzt und mit einer Seilwinde durch den Düker gezogen. Zur Datenerfassung wurde er von der Winde in axialer Richtung positioniert, der Sensorkopf gegen die Rohrwand „gedrückt“ und in Umfangsrichtung bewegt; der entsprechende Prüfabschnitt betrug 150 mm. Nach Abschluss einer vollständigen Umfangsabtastung durch die rotierende Sensoreinheit wurde der Scanner um weitere 150 mm in axialer Richtung nach vorne gezogen und eine neue Messung gestartet bis die gesamte Datenaufnahme über beide Dükerrohrleitungen vollständig war.

Auswertung

Auch nach 44 Jahren dauerhaften Betriebs, starker Strömung und Hochwasser zeigten die Dükerleitungen aus duktilem Gusseisen an ihrer Rohraußenseite insgesamt nur wenig Korrosion: Im „Vorland“ wurden überwiegend Bereiche mit nur geringfügigen lokalen Inhomogenitäten (schwacher Korrosion) detektiert; lediglich am Beginn der Prüfstrecke, nahe dem Pumpenhaus (Düker-Unterhaupt), bildeten sich Bereiche mit stärkeren Inhomogenitäten ab. In der Moselsohle zeichneten sich an der Rohrinnen- und -außenwand überhaupt keine Inhomogenitäten ab, d. h., dass hier die Rohrwand nach 44 Jahren Betrieb unverändert ist!

Für die Dükerrohrleitungen bestand und besteht also keinerlei Sanierungsbedarf, da eine signifikante Beeinträchtigung der Wanddicke durch Korrosion und/oder andere Alterungsschäden, auch in den Bereichen des Düker-Unterhauptes, definitiv ausgeschlossen werden konnten. Damit war der Weg für die Investitionen zur Sanierung der maroden Betonkonstruktionen der angrenzenden Bauwerke Düker-Oberhaupt und Düker-Unterhaupt frei und somit eine weitere lange Nutzung des gesamten Dükerbauwerks gegeben.

Autoren: Hans-Jörg Schulz, Eigenbetrieb Stadtentwässerung Koblenz

Wilhelm Kelb, Kontrolltechnik GmbH

 

Der Beitrag wurde von der Redaktion leicht gekürzt. Den kompletten Beitrag mit diversen Abbildungen finden Sie als PDF im Downloadbereich unter Downloads Jahreshefte EADIPS FGR.