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Spezielle Software hilft bei der Lebensdauerabschätzung nach Arrhenius

Bewertung des Langzeitverhaltens neuer Dichtungswerkstoffe

Wenn es um neue Anforderungen geht, etwa um die Erfüllung der aktuellen „Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser“ [1] – kurz „KTW-BWGL“ – (frühere Bezeichnung „Elastomerleitlinie“ [2]), dann geht es auch immer um neue oder modifizierte Werkstoffe. Es sind aber nicht nur die im Fokus stehenden neuen hygienischen Eigenschaften, die es zu erfüllen gilt, sondern ganz selbstverständlich auch die Beibehaltung der technischen Anforderungen. Im Fall von unter Putz liegenden Leitungen für Gas und Wasser in der Hausinstallation oder im Fall von erdüberdeckten Leitungen kommt erschwerend dazu, dass sich die Langzeit-Eigenschaften von Elastomerdichtungen nicht verschlechtern dürfen. Aber wie sicher kann man sein, dass die neuen Werkstoffe die geforderte Lebensdauer der bisherigen Werkstoffe mindestens erreichen oder besser noch übertreffen? Vor einer Umstellung sollten daher die neuen Werkstoffe anhand von belastbaren Prüfungen mit den alten verglichen und bewertet werden.

Stand der Technik

Die Lebensdauer von Elastomerwerkstoffen wird in erster Näherung nach den Arrhenius-Gesetzen abgeschätzt. Der Stand der Technik wird in der ISO 11346 [3] beschrieben.

Kurzbeschreibung der Methode
Es werden mehrere Materialproben bei mindestens drei erhöhten Temperaturen gelagert, die Zeiten bis zum Erreichen des Grenzwertes*) einer funktionsrelevanten Eigenschaft, z.  B. Druckverformungsrest (DVR), gemessen und im Anschluss dann grafisch zusammengefasst dargestellt (Abb. 1).

Die so erhaltenen Zeit-Temperatur-Wertepaare beim Grenzwert (in Abb. 1 ist es die waagerechte rote Linie mit 70  %) werden unter Verwendung der Arrhenius-Gleichung linear dargestellt und dann auf die Anwendungstemperatur (z.  B. 25  °C) extrapoliert (Abb. 2).

Das Ergebnis der Extrapolation bis zur Anwendungstemperatur in diesem Beispiel: Bei konstant 25  °C wird der Grenz-DVR von 70 % nach 3.126.015 Stunden (= 358 Jahre) erreicht.

Messergebnisse bei 3 Temperaturen, DVR = f (Zeit).

Abb. 1: Messergebnisse bei 3 Temperaturen, DVR = f (Zeit).

Arrhenius-Plot,  ln (1/Zeit) = f (1/Temperatur), mit Extrapolation auf 25 °C.

Abb. 2: Arrhenius-Plot, ln (1/Zeit) = f (1/Temperatur), mit Extrapolation auf 25 °C.

Vergleichbarkeit –  das Ziel einer Norm

 
Im Gegensatz zu vielen anderen Normen, die heute in Prüflabors verwendet werden und für die die Wiederholbarkeit und Vergleichbarkeit äußerst wichtig sind, gestattet die ISO 11346 [3] überraschend viele Freiheitsgrade. Das hat zur Folge, dass die Berechnungsergebnisse in vielen Fällen untereinander nicht vergleichbar sind.
 
Die Ursache dafür wird in den folgenden Punkten erläutert:
a) Die Norm erklärt das Prinzip recht gut. Die konkreten Berechnungsschritte muss aber jeder Anwender selbst erarbeiten. Dazu benötigt man Wissen über den Umgang mit relativ komplexen mathematischen Zusammenhängen.
> Das bedeutet, die Norm kann nicht ohne Weiteres, wie sonst üblich, durch eine Laborfachkraft umgesetzt werden.
 
b) Der Funktions-Grenzwert und die Anwendungstemperatur müssen vom Auftraggeber individuell festgelegt werden. Das führt zwangsläufig zu unterschiedlichen Ergebnissen. Hinweis: Was hat der Anwender von einer Anwendungstemperatur, wenn in der Realität klimatisch bedingte Temperatur-Zeit-Verläufe vorliegen?
> Ein Zeit-Temperatur-Kollektiv, welches z.  B. vom Klima abgeleitet wird, ist deutlich näher an der Wirklichkeit.
 
c) Es gibt zumeist optionale Toleranzvorgaben für Mess-Streuungen und für Best-Fit-Kurven. Damit entscheidet jeder Anwender selbst über Qualität und Verwendbarkeit seiner Messergebnisse für die nachgeschaltete Arrhenius-Berechnung.
> Eine Laborfachkraft sieht das vielleicht anders als ein Mathematiker oder Statistiker.
 
d) Best-Fit-Kurven von Hand (mit Lineal und Stift) zu erstellen, ist schon lange nicht mehr zeitgemäß und mehr oder weniger ungenau.
> Heutzutage werden Kalkulationsprogramme verwendet. Sie sind praktisch überall im Einsatz und ermöglichen eine sehr viel höhere Genauigkeit.
 
Es ist tatsächlich auch möglich, in Abstimmung mit dem Auftraggeber die Prüfzeiten zu verkürzen, um Zeit und Kosten zu sparen. Damit erhält man aber Prüfergebnisse, die nicht normgerecht ermittelt wurden und somit nicht als Grundlage für eine qualifizierte Lebensdauerabschätzung dienen können. Was ist so ein Prüfergebnis wert?
 
Es ist also nicht verwunderlich, dass Berechnungsergebnisse – abhängig vom Prüflabor und den Vorgaben des Auftraggebers – bei ein und demselben Werkstoff signifikant voneinander abweichen können, obwohl nach ISO 11346 [3] geprüft wurde. Dabei wird von einer Norm erwartet, dass alle Prüfparameter so genau wie möglich beschrieben werden, damit jedermann vergleichbare Ergebnisse erzielt.

Weitere Normen mit Bezug auf die Lebensdauerabschätzung, Verbesserungspotenzial für die Praxis

Auch in der EN 549 [4] ist u. a. die Abschätzung der Lebensdauer beschrieben. Auch sie bezieht sich auf das Prinzip nach ISO 11346, spezifiziert jedoch eine Reihe von Berechnungsparametern sehr viel präziser. Diese Norm ist jedoch zum einen speziell auf statische Dichtungswerkstoffe ausgelegt, der Fokus liegt daher auf dem Druckverformungsrest als Prüfparameter, zum anderen ist die Erklärung der Berechnungsmethode auch nicht transparenter dargestellt. Aber: mit sehr guten Fachkenntnissen und einer Menge Zeitaufwand ist es möglich, die in der EN 549 [4] beschriebenen Berechnungsparameter, wie z.  B. die statistischen Toleranzen für die Mess-Streuungen und Best-Fit-Kurven sowie die mathematischen Verknüpfungen, in einem Kalkulationsprogramm zusammenzufassen und eine Software zu erstellen.
 
Grundsätzlich sind der Funktionsgrenzwert und die Anwendungstemperatur produktspezifische Parameter, die naturgemäß jeder Auftraggeber – abhängig von den konkreten Anwendungsbedingungen – individuell festlegt. Das lässt sich nicht durch eine Norm reglementieren. Diese Vorgaben müssen also variabel bleiben. Eine Vergleichbarkeit lässt sich dennoch herstellen, vorausgesetzt, die Prüfungen des zu vergleichenden Werkstoffes werden bis zum selben Grenzwert durchgeführt wie die der Referenz. Die Ergebnisberechnung auf die Anwendungstemperatur ist dann lediglich eine rechnerische Fingerübung.
 
Eine realistischere Lebensdauerabschätzung wird dann erzielt, wenn zur Berechnung nicht eine konstante Temperatur angenommen wird, sondern der Bezug auf ein konkretes Klima erfolgt. Schließlich existiert in der Praxis nur in äußerst speziellen Fällen eine konstante Temperatur über das Jahr hinweg. Zum Beispiel unterscheidet sich das Zeit-Temperatur-Kollektiv für eine der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzten Gasleitung im Freien, wie etwa in Sevilla, deutlich von einem für eine in 1,20 m Tiefe liegende Trinkwasserleitung. Je nach Anwendung können also die Zeit-Temperatur-Kollektive extrem unterschiedlich ausfallen. Deshalb sollten Berechnungen auf Klimaprofilen basieren, die anhand von fundierten praktischen Messungen über ein Jahr hinweg erfasst werden. Sie sollten der Realität so nahe wie möglich kommen.
 
Mit zunehmender Tendenz werden heutzutage für die unterschiedlichsten Anwendungsfälle praxisgerechte Zeit-Temperatur-Kollektive beschrieben, wie beispielsweise
  • für frei verlegte Gasleitungen in heißem Klima: EN 549 [4] (Annex C, Tabelle C.1)
  • für erdüberdeckte Leitungen: vgl. [5]
  • für Heißwasserinstallationen: ISO 10508 [6] (Tabelle 1 Note a und Annex A)

Die Kombination der bewährten Arrhenius-Methode mit einem realistischen Klimaprofil verleiht dem Ergebnis einen hohen Stellenwert und hilft dem Praktiker bei der Auswahl des richtigen Werkstoffes.

Anforderungen an ein anwenderfreundliches Berechnungsprogramm

Ein Berechnungsprogramm sollte den bestmöglichen Komfort bieten und das Risiko einer fehlerhaften Kalkulation auf ein Minimum reduzieren. Dem Anwender bleibt es aber nicht erspart, sich mit den Grundzügen und den Anforderungen der ISO 11346 [3] vertraut zu machen. Schließlich müssen die Vorgaben bedacht und berücksichtigt werden, bevor mit der Durchführung der Prüfungen begonnen wird. Denn die erste Phase enthält sehr zeitaufwändige Tests, an deren Ende man nicht feststellen möchte, dass man einen weiteren, noch längeren Prüfzyklus starten muss.

Das optimale Programm hilft dem Anwender von Anfang an, also während der laufend einzugebenden Messergebnisse, wie folgt:

Phase 1
a) Es ermöglicht gleich nach Vorliegen der ersten 3 bis 4 Messpunkte eine Hochrechnung auf die zu erwartende Prüfzeit, um in dieser frühen Phase nötigenfalls korrigierend einzuschreiten. Dies ist für die Messreihe bei niedrigster Prüftemperatur von Bedeutung.
b) Es überprüft ständig die einzugebenden Messergebnisse und gibt Hinweise, ob alle Prüfwerte bezüglich der Messstreuungen vertrauenswürdig und damit brauchbar sind.
c) Aufgrund des Fehler-Monitorings und der präzisierten Berechnungsparameter kommt das Programm mit nur drei Prüftemperaturen aus – ein wichtiger Kostenaspekt.

Phase 2 (Arrhenius-Berechnung)
d) Es erlaubt eine Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit bzw. Qualität der Best-Fit-Kurve und überprüft/verifiziert die Anwendbarkeit der Arrhenius-Methode.

Phase 3
e) Nach der Zeit-Temperatur-Eingabe des ausgewählten Anwendungsklimas, bzw. der Anwendungstemperatur, berechnet das Programm die Lebensdauer.

Woco-Pipe System Components (PSC) hat lange vor der Veröffentlichung der aktuellen Fassung der EN 549 [4] eine Berechnungs-Software nach der Arrhenius-Methode erarbeitet und bietet diese kommerziell an. Sie hat sich für die unterschiedlichen Werkstoffe und Einsatzgebiete vielfach bewährt.

Die Software wurde über Jahre weiterentwickelt und wird ständig den aktuellen Anforderungen der relevanten Normen – wie der ISO 11346 [3] – angepasst.

Zeitlicher Verlauf der Bodentemperatur in verschiedenen Tiefen im Jahr 2005 als Beispiel für den generellen Gang der Bodentemperaturen in verschiedenen Tiefen. Aus: [7]<br />

Abb. 3: Zeitlicher Verlauf der Bodentemperatur in verschiedenen Tiefen im Jahr 2005 als Beispiel für den generellen Gang der Bodentemperaturen in verschiedenen Tiefen. Aus: [7]

Tabelle 1: Temperatur-Verteilung während eines Jahres in einer Messtiefe von 1 m.

Tabelle 1: Temperatur-Verteilung während eines Jahres in einer Messtiefe von 1 m.

Ein Beispiel aus der Praxis

Die oben beschriebenen Arbeitsschritte können anhand eines konkreten Beispiels unter Zuhilfenahme des Woco-Pipe System Components (PSC)-Programms wie folgt verdeutlicht werden:

Aufgabenstellung ist die Lebensdauerabschätzung eines Tyton®-Dichtungswerkstoffes für die Trinkwasserversorgung. Die Leitung ist erdverlegt in einer Tiefe von ca. 1,20 m. Die Dichtfunktion gilt als sichergestellt, wenn bei einem realistischen Zeit-Temperatur-Profil der Druck-Verformungs-Rest (DVR) nach 150 Jahren*) kleiner als 55  % ist.

Mit großer Sorgfalt ist das zugrundeliegende Zeit-Temperatur-Kollektiv festzulegen.

Das anwendungsspezifische Zeit-Temperatur-Profil Grundlage sind die Arbeiten von BÖHME & BÖTTCHER (2011) [7]. Bild 1 dieser Veröffentlichung ist hier dargestellt durch Abb. 3.

Die Daten aus Abbildung 3 wurden für die Temperatur-Verteilung in einer Bodentiefe von 1 m aufbereitet (siehe Tabelle 1).

Als Zeit-Temperatur-Kollektiv für die oben dargestellte Aufgabenstellung ist die Temperatur-Verteilung über ein Jahr der Tabelle 1 zu verwenden.

Erstellung des Berechnungskonzeptes
Für das Procedere der Lebensdauerabschätzung nach Arrhenius ist es notwendig, im Vorfeld die wichtigsten Randbedingungen zu klären, wie:

  • Die zu erwartende Lebensdauer: Festlegung der Prüfzeit bis zum Erreichen des Grenzwertes bei der niedrigsten Prüftemperatur. In unserem Beispiel: Für eine erwartete Lebensdauer von > 150 Jahren ist die Prüfzeit mindestens 9 Monate.
     
  • Die Auswahl des Funktionskriteriums: Im Beispiel ist das der Druckverformungsrest (DVR). Hinweis: DVR-Messungen sollen gemäß [3] vorzugsweise an den gleichen Probekörpern ermittelt werden. Dies führt zu einer deutlichen Reduzierung des Prüfaufwandes und der Prüfkosten.
     
  • Der Funktionsgrenzwert als pass-fail-Kriterium für den maximal zulässigen Abfall der Funktionseigenschaft. Im Beispiel ist das ein DVR-Wert von maximal 55 %.
     
  • Die Temperaturbelastung, auf welche die Lebensdauer berechnet werden soll. In jedem Fall ist ein praxisnahes Zeit-Temperatur-Profil einer konstanten Temperatur vorzuziehen.
    Im Beispiel:
    687 Stunden  / 0 °C
    2672 Stunden  / 5 °C
    1493 Stunden  / 10 °C
    1669 Stunden  / 15 °C
    2240 Stunden  / 20 °C (Tabelle 1).
     
  • Hinweis: Das Messprogramm so auslegen, dass weiteres Anwendungspotenzial erschlossen werden kann. D.h., die Messungen nicht ab einem DVR von > 55  % stoppen, wie es der konkrete Anwendungsfall zulässt, sondern frühestens ab 70  %. Begründung: Für statische Dichtungen sind Funktionsgrenzwerte mit einem DVR von < 70  % zulässig. Das Programm erlaubt die Lebensdauerabschätzung bei beliebigen Funktionsgrenzwerten, solange man sich bei den drei Temperaturen innerhalb des Messwertebereiches bewegt (Interpolation). Im positiven Fall könnten daher ohne erneute Messungen aus demselben Werkstoff auch Dichtsysteme mit einem zulässigen DVR bis max. 70  % hergestellt werden.
Darstellung des DVR-Abfalles nach Abschluss der Messungen bei der Temperatur T2 (80 °C).

Abb. 4: Darstellung des DVR-Abfalles nach Abschluss der Messungen bei der Temperatur T2 (80 °C).

Arrhenius-Plot und Verifikation der Arrhenius-Anwendbarkeit durch Berechnung von R2 und Vergleich mit dem R²-Soll-Wert.

Abb. 5: Arrhenius-Plot und Verifikation der Arrhenius-Anwendbarkeit durch Berechnung von R2 und Vergleich mit dem R²-Soll-Wert.

Die erste Phase: Das Messprogramm
Das sind die DVR-Messungen mit der grafischen Darstellung des Werteabfalles bis zum Erreichen des Funktionsgrenzwertes bei drei verschiedenen Temperaturen.

Diese Temperaturen sollten sich jeweils um ca. 20  °C unterscheiden. Abbildung 4 zeigt die Messreihe von T2 (80  °C) unseres Beispiels.

Hinweis: Die Prüfzeit bei der niedrigsten Temperatur ist der zeitbestimmende Faktor (höhere Prüftemperaturen führen zu kürzeren Prüfzeiten). Daher ist es sinnvoll, mit dieser Prüfung zu beginnen.Das Programm extrapoliert die Zeit bis zum voraussichtlichen Erreichen des Funktionsgrenzwertes.Nach Erreichen des 4. Messpunktes sollte überprüft werden, ob der Grenzwert innerhalb der erlaubten Prüfzeit – wie vorgegeben (in unserem Beispiel > 9 Monate) – überschritten wird. Ist das der Fall, dann wird weiter geprüft. Wird aber die Prüfzeit nicht erreicht, muss eine neue Versuchsreihe mit angepasster Temperatur gestartet werden.

Das ständige Überprüfen des Bestimmtheitsmaßes zeigt eventuelle Mess-Ausreißer an. Dadurch wird es dem Anwender ermöglicht, schon sehr frühzeitig korrigierend einzuschreiten. Denn erst nach Messende (> 9 Monaten) kann festgestellt werden, ob eine seriöse Anwendbarkeit nach dem Arrhenius-Gesetz möglich ist. Mit diesem Werte-Monitoring wird somit beträchtlich die Qualität bzw. Zuverlässigkeit der Messwerte erhöht und man erlebt nach neun Monaten keine böse Überraschung.

Die zweite Phase: Die Arrhenius-Berechnung
Sind die drei Messreihen abgeschlossen, berechnet das Programm selbständig die Anwendbarkeit nach dem Arrhenius-Gesetz, wiederum durch das Bestimmtheitsmaß (R² > 0,98). Erst wenn diese Bedingung erfüllt ist, kann mit dem vorhandenen Datenmaterial zuverlässig weitergerechnet werden (Abb. 5).

Die dritte Phase: Die Lebensdauerabschätzung
Jetzt folgt die Eingabe des Zeit-Temperatur-Profils (Tabelle 2) oder der konstanten Anwendungstemperatur. Damit berechnet das Programm die zu erwartende Lebensdauer. Die Ausgabe erfolgt unter der Angabe des Funktionsgrenzwertes und des Zeit-Temperatur-Profils.

Zusammenfassende Darstellung aller relevanten Daten im Programm-Navigator.

Abb. 6: Zusammenfassende Darstellung aller relevanten Daten im Programm-Navigator.

Tabelle 2: Klima-Profil-Eingabe.

Tabelle 2: Klima-Profil-Eingabe.

Das Ergebnis der Lebensdauerabschätzung wird im Programm-Navigator Block 3 dargestellt (Abb. 6).

Die Ergebnisausgabe in Block 3 bedeutet, dass bei dem Zeit-Temperatur-Kollektiv „Potsdam“ in 1 m Tiefe der Dichtungswerkstoff nach ca. 375 Jahren einen DVR-Wert von 55 % erreichen wird.

Zusammenfassung

Mit dem Programm von Woco-Pipe System Components (PSC) verfügt der Anwender über ein Tool, welches ihm erlaubt, für einen Bruchteil der Kosten eines Prüflabors selbständig und mit einfachen Mitteln eine Lebensdauerabschätzung gemäß [3] (Arrhenius) durchzuführen.

Die Kosten der Eigenprüfung sind bei Anwendung üblicher Labormethoden (z.  B. DVR) überschaubar. Beispielrechnung und Hinweise erleichtern den sonst so mühevollen Weg bis zum Vorliegen der Ergebnisse.

Sollte der Endkunde ein Prüfzertifikat eines akkreditierten Prüflabors verlangen, hat der Anwender die Aussicht auf ein positives Ergebnis beträchtlich verbessert. Das ist nicht nur ein Gewinn an Zeit, sondern auch eine Verringerung der Kosten.

Literatur

[1] Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser 1,2 (KTW-BWGL) – https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/5620/dokumente/ktw-bwgl_-_allgemeiner_teil_-_3._aenderung_rev01_de_.pdf
[2] Leitlinie zur hygienischen Beurteilung von Elastomeren im Kontakt mit Trinkwasser (Elastomerleitlinie) – https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/5620/dokumente/elastomerleitlinie_verweis_pl_de_qs.pdf
[3] ISO 11346:2023-06: Elastomere oder thermoplastische Elastomere – Bestimmung der Lebensdauer und der höchsten Gebrauchstemperatur. Beuth Verlag, Berlin
[4] EN 549:2023-07: Elastomer-Werkstoffe für Dichtungen und Membranen in Gasgeräten und Gasanlagen, Annex C, Tabelle C.1. Beuth Verlag, Berlin
[5] GUSS-ROHRSYSTEME 53: Technische Nutzungs- bzw. Lebensdauer von Dichtungen. EADIPS®/FGR® European Association for Ductile Iron Pipe Systems/Fachgemeinschaft Guss-Rohrsysteme e.V., 2019, S. 44 ff.
[6] ISO 10508:2006-03: Kunststoff-Rohrleitungssysteme für die Warm- und Kaltwasserinstallation – Leitfaden für die Klassifizierung und Bemessung. Tabelle 1 Note a und Annex A, Beuth Verlag, Berlin
[7] BÖHME, M. & BÖTTCHER, F.: Bodentemperaturen im Klimawandel – Auswertungen der Messreihe der Säkularstation Potsdam, S. 85, Abb. 1, 2011, Deutscher Wetterdienst –
Zentrale in Offenbach