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Interimsleitungen aus duktilem Gusseisen sind optimal

Bei der Erneuerung und Reparatur von Trinkwasserleitungen oder Abwasserkanälen stellt die ununterbrochene Versorgung mit Trinkwasser und die Entsorgung des Abwassers eine wichtige ingenieurtechnische Aufgabe dar. In den Netzen der Wasserversorger kann durch Abschiebern oder Umleitung der Wasserströme der betroffene Leitungsbereich vorübergehend vom Netz genommen werden. Häufig ist aber ein Abschiebern oder Umleiten leider nicht möglich, dann müssen unterirdisch in Freispiegelkanälen oder oberirdisch verlegte Interimsleitungen aufgebaut werden.

Interimsleitungen

Verlauf der Interimsleitung DN 800 über den Hochwasserschutzdeich zwischen Mulde und Wasserwerk Canitz

Regelwerk und Praxisbeispiele für Interimsleitungen

Allgemeine Anforderungen an die Planung, den Bau, den Betrieb und die Rückbaubarkeit von Interimsleitungen fehlen bisher. Technische Lösungen wurden i.d.R. für den jeweiligen Einzelfall erarbeitet. Hinweise zur Errichtung von oberirdischen Rohrleitungen sowie zu speziellen Anforderungen an oberirdisch aufgebaute Leitungssysteme finden sich im Arbeitsblatt DVGW W 400-2 (Bau und Prüfung von Wasserverteilungsanlagen für die Trinkwasserversorgung, EN 805, Kap. 5.4 sowie in dem Entwurf der prEN 598). Bei der Planung von Interimsleitungen sind die dort beschriebenen Anforderungen grundsätzlich zu beachten.

Darüber hinaus liegen langjährige Erfahrungen beim Einsatz von duktilen Guss-Rohrsystemen als Interimsleitungen von unterschiedlichen Netzbetreibern vor:

  • Notversorgung auf dem Maifeld während des Umbaus des Olympiastadions in Berlin mit duktilen Gussrohren DN 250 und längskraftschlüssigen Muffen-Verbindungen BLS®. Dadurch, dass mit der BLS®-Verbindung Abwinklungen von 3,5° möglich sind, konnte die Interimsleitung entlang der gekrümmten Stadionwand eingebaut werden
  • Einsatz einer Interimsleitung DN 600 beim Zweckverband Fernwasser Südsachsen mit einer Länge von 2.000 m. Die duktilen Gussrohre und Formstücke wurden insgesamt dreimal eingesetzt, um die Sanierung eines insgesamt 6.000 m langen Leitungsabschnitts zu ermöglichen
  • Interimsleitung DN 150 mit längskraftschlüssigen Muffen-Verbindungen BLS® zur Sicherstellung der Wasserversorgung der Ortsteile Eimelrod und Hemminghausen durch den Wasserbeschaffungsverband Upland

 

Interimsleitung zwischen Wasserwerk Canitz und Thallwitz

Durch die Wasserwerke Leipzig wurden zwei vorhandene Fernleitungen DN 1000 aus Grauguss mittels Einzug von duktilen Gussrohren DN 800 mit längskraftschlüssigen BLS®-Muffen-Verbindungen saniert, die Leipzig mit Frischwasser aus den Wasserwerken Canitz und Thallwitz versorgen. Die beiden Wasserwerke speisen ihr Wasser in die beiden Stränge der 23 km langen Transportdoppelleitung ein.

Der zu sanierende Abschnitt befindet sich zwischen dem Wasserwerk Canitz und einer Rohrbrücke über die Mulde. Die Leitungen unterqueren dabei einen Hochwasserschutzdeich. Im ersten Schritt wurde eine Interimsleitung DN 800 mit BLS®–Muffen-Verbindungen über den Deich aufgebaut und in Betrieb genommen. Im Anschluss wurde eine der beiden zu sanierenden Leitungen DN 1000 außer Betrieb genommen und die Rohre DN 800 eingezogen. Danach wurde die neu eingezogene Leitung in Betrieb genommen und die Interimsleitung zurückgebaut. Die Rohre und Formstücke der Interimsleitung wurden dann erneut genutzt, um die zweite Leitung DN 1000 zu sanieren.

In allen Fällen wurden Trinkwasserdruckrohre mit längskraftschlüssiger BLS®-Muffen-Verbindung DN 800 mit Zementmörtelauskleidung und einem Zink/Aluminium Überzug sowie einer Epoxidharz-Deckbeschichtung eingesetzt. Außerdem wurden unterschiedliche Formstücke aus duktilem Gusseisen in der Nennweite DN 800 verbaut.

 

Sanierung einer Abwasserdruckleitung in Berlin Tegeler Forst

Eine alte Abwasserdruckleitung DN 1000 aus Asbestzement am Flughafen Berlin Tegel wurde durch duktile Gussrohre DN 800 mit längskraftschlüssigen BLS®-Muffen-Verbindungen erneuert. Dabei wurde die neue Leitung in die vorhandene Trasse eingebaut. Das Abwasser wurde während der Sanierung durch eine oberirdisch gebaute Interimsleitung entlang eines vorhandenen Forstwegs geführt und hatte eine Gesamtlänge von 1.300 m. Während der Bauphase kam es zwar zu keinen Störungen des Betriebes, jedoch war Berlin im Jahr 2017 mehrfach von den Auswirkungen lokaler Unwetterereignisse betroffen. Starkregen führte zu Überschwemmungen und Sturmböen. Auch im Forst Jungfernheide wurden Bäume entwurzelt, und auf die Interimsleitung stürzte eine alte Eiche. Nach deren Räumung zeigte sich, dass die Rohre aus duktilem Gusseisen die schlagende Einwirkung durch den Baum ohne Schaden überstanden hatten.

Interimsleitungen

Eine entwurzelte Eiche, die auf die Interimsleitung gefallen war, hatte keine Betriebsstörung zur Folge. 

Anforderungen an Interimsleitungen

  • Wahl eines Rohrsystems bestehend aus Rohren, Formstücken und Armaturen
  • robustes, nicht brennbares und diffusionsdichtes Rohrsystem, das einen hohen Widerstand gegen äußere Einwirkungen wie Feuer und mechanische Belastungen aufweist
  • Lieferbarkeit in einem großen Nennweitenbereich
  • gute Anlieferbarkeit auch unter engen Bauverhältnissen
  • durchgehende schubsichere Verbindung aller Leitungsteile
  • Möglichkeit einer flexiblen Leitungsführung, die sich den baulichen und topographischen Gegebenheiten anpassen lässt
  • schnelle, einfache und sichere Montage sowie Demontage auch unter schlechtesten Witterungsbedingungen
  • Möglichkeit der Weiternutzung der Systemkomponenten nach Demontage ohne besondere Nachbearbeitung
  • Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit

 

Autoren: Uwe Hoffmann und Lutz Rau

Der Beitrag wurde von der Redaktion leicht gekürzt. Den kompletten Beitrag mit diversen Abbildungen finden Sie als PDF im Downloadbereich unter Downloads Jahreshefte EADIPS FGR.