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Regionalität – ein guter Grund

Regionale Power – gerade in der Krise

Regionalität

Langlebig, recycelbar und regional: Unsere Guss-Rohrsysteme sind nicht nur nachhaltig in der Produktion des Werkstoffs, sondern auch hinsichtlich des Transports, denn sie werden in unseren europäischen Werken produziert. So schaffen wir wichtige Arbeitsplätze für die Region und vermeiden globale Transportwege.

Die Covid-19-Krise hält die Welt seit mehr als einem Jahr in Atem. Was als lokale Epidemie in China begann, entwickelte sich zur Globus umspannenden Krankheit. Und diese Pandemie bringt massive Einschränkungen, aber auch ein Umdenken mit sich. War man bisher versucht, ein Produkt einfach nur nach dem Bestpreis-Prinzip zu kaufen, ungeachtet der Herkunft und den Produktionsbedingungen, spielen heute vermehrt wieder regionale Faktoren eine entscheidende Rolle. Ein besonderes Beispiel, wie diese regionale Power optimal genutzt werden kann, bietet die Stadtgemeinde Hall in Tirol im Frühjahr 2020. Nach dem Motto „Gemeinsam stark“ wurde hier entlang der Salzbergstraße, einer der Hauptverkehrsadern der Stadt, die Hauptwasserleitung erneuert. Diese Maßnahme ist ein perfektes Beispiel für ein Projekt, das regionale Wirtschaftskreisläufe stärkt und auch zeigt, wie gut heimische Unternehmen zusammen arbeiten, auch im Zeichen der Umwelt.

Regionales Wirtschaften – ein Musterbeispiel

Die Stadt Hall mit dem kommunalen Dienstleister Hall AG setzt bei der neuen Hauptwasserleitung auf regionale Profis – beginnend beim wiederverwerteten Rohstoff (RAGG GmbH), über die Produktion (Tiroler Rohre GmbH) bis zur Installation (Fröschl AG & Co KG). Halls Bürgermeisterin, Eva Maria Posch, betont: „Im Fall dieses Bauprojektes zeigt sich, wie stolz wir auf die ausführenden Betriebe aus der Region und die Qualität ihrer Arbeit sein können.“ Es ist aber auch ein klares Bekenntnis zum Produktionsstandort im Herzen der Alpen. Trotz oder gerade wegen der hohen Umwelt- und Sozialstandards.

Regionalität

Die wunderschöne Stadt Hall in Tirol lebt nicht nur vom Tourismus allein; auch das dort ansässige Traditionsunternehmen Tiroler Rohre GmbH bietet Jobs, Arbeit und Ausbildung für rund 220 Mitarbeiter.

Regionale Wiederverwertung
Die RAGG GmbH war für die Wiederverwertung der Reststoffe zuständig. Geschäftsführerin Petra Mussmann: „Wir sehen uns als wichtiges Bindeglied in diesem Ablauf, indem wir die Voraussetzungen für Wiederverwertung und neue Produkte schaffen. Ich sehe dies nicht nur als wirtschaftliche Säule des Unternehmens, sondern auch als verantwortungsvolle Verpflichtung gegenüber Mensch und Umwelt.“

Regionale Produktion
Für die Produktion der Rohre war die Tiroler Rohre GmbH verantwortlich, die pro Jahr rund 45.000 t an duktilen Gussrohren und Rammpfählen produziert. Das Besondere am Produkt: zu fast 100 % wird auf Recyclingmaterial zurückgegriffen. Und damit schließt sich für Geschäftsführer Max Kloger der Kreis: „Durch die lange Lebensdauer unserer Produkte nimmt Nachhaltigkeit bei der Tiroler Rohre GmbH seit jeher einen besonderen Stellenwert ein. Kurze Wege bei der Beschaffung recycelter Grundstoffe bilden die Basis. Der Einsatz in der Nähe des Produktionsortes reduziert den ökologischen Fußabdruck weiter. Gerade in der aktuellen Situation ist es ein guter Grund, sich auf regionale Partner verlassen zu können.“

Das Haller Traditionsunternehmen lieferte bei diesem Bauvorhaben 1.500 m duktile Gussrohre in der Nennweite DN 300. Zum Einsatz kamen hier mit Zementmörtel ausgekleidete Rohre mit der PUR Longlife-Beschichtung und dem bewährten VRS®-T-Verbindungssystem.

Regionales Bauunternehmen
Auch Franz Fröschl freut sich, in Hall sein Know-how einsetzen zu können: „Als Haller Bauunternehmen freuen wir uns über Projekte vor unserer Haustüre, die wir gemeinsam mit und für andere regionale Unternehmen realisieren und für die Haller Bevölkerung umsetzen. Im Fall der Salzbergstraße sind unsere Mitarbeiter stolz, die Wasserleitungen zu erneuern und damit den Wasserbedarf von 15.000 Menschen sowie zahlreicher Betriebe in Hall für die nächsten Jahrzehnte zu sichern.“ Und auch die Haller freut‘s, dass innerhalb kürzester Zeit mit zwei Bautrupps, die von beiden Seiten gearbeitet haben, die Arbeiten rasch erledigt wurden. Immerhin waren die Rohre der alten Wasserversorgungsleitung schon über 100 Jahre alt. Höchste Zeit also für etwas Neues – nachhaltig und mit Herz, aus der Region für die Region.

Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie wichtig regionales Wirtschaften ist. Die Tiroler Rohre GmbH und die RAGG GmbH arbeiteten nicht nur bei diesem Projekt eng zusammen. So liefert die RAGG GmbH den Stahlschrott, aus dem die neuen Rohre produziert werden. Da sich die beiden Unternehmen in unmittelbarer Nähe zueinander befinden, kann der ökologische Fußabdruck minimal gehalten werden. Zudem verfügen beide Unternehmen über einen Bahnanschluss, der für die Anlieferung des Rohstoffes selbstverständlich genutzt wird.

Regionalität

Seit mehr als 70 Jahren werden hochwertige duktile Guss-Rohrsysteme in der modernen Gießerei der Tiroler Rohre GmbH (TRM) hergestellt.

Regionalität bei Vergabeverfahren

Regionalität spielt aber auch bei Vergabeverfahren eine Rolle. So hat sich die Europäische Union eingehend mit diesem Thema auseinandergesetzt und zum 1. Januar 2020 eine Verordnung erlassen, die ab einem gewissen Schwellenwert einen Vergabeprozess vorsieht. Dieser liegt bei Bauaufträgen oder Konzessionsvergaben bei 5.350.000 Euro, für Liefer- und Dienstleistungsaufträge bei 214.000 Euro. Eine weitere Unterscheidung erfolgt zwischen Sektorenauftraggebern mit einer Grenze von 428.000 Euro und obersten und oberen Bundesbehörden ab 139.000 Euro.

Sektorenauftraggeber und -tätigkeit
Als Sektorenauftraggeber werden öffentliche Auftraggeber gesehen, die eine Sektorentätigkeit ausüben und natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die aufgrund besonderen Rechts eine Sektorentätigkeit ausüben. Diese Sektorentätigkeit umfasst im Bereich Wasser die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Gewinnung, Fortleitung und der Abgabe von Trinkwasser, sowie die Einspeisung von Trinkwasser in diese Netze [2].

Offenes und nicht offenes Vergabeverfahren
Öffentliche Auftraggeber können beim Vergabeverfahren zwischen einem offenen und einem nicht offenen Verfahren wählen. Das offene Verfahren ist ein Verfahren, bei dem der öffentliche Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten auffordert. Beim nicht offenen Verfahren fordert der Auftraggeber nach vorheriger, nicht öffentlicher Aufforderung eine beschränkte Anzahl an Unternehmen nach objektiven, transparenten und nicht diskriminierenden Kriterien zur Abgabe von Angeboten auf [3]. Hinsichtlich der Dauer des Vergabeverfahrens unterscheiden sich diese nur durch fünf Tage; so dauert das offene Verfahren 35 Tage, das nicht offene 30 Tage. Bei Eilbedürftigkeit reduziert sich der Verfahrenszeitraum auf 15 bzw. 10 Tage [4].

Die beauftragten Unternehmen sind anhand objektiver Kriterien auszuwählen, die allen interessierten Parteien zugänglich gemacht werden müssen. Der Ausschluss von Unternehmen ist für private Sektorenbeauftragte beim Vorliegen zwingender Ausschlussgrün- de grundsätzlich möglich, bei Änderungen bestehender Verträge fällt die Preisgrenze weg. Rahmenvereinbarungen werden in den §§ 21VgV und 19 SektVO geregelt.

So müssen Rahmenvereinbarungen ausgeschrieben werden, Einzelbestellungen im Rahmen der Vereinbarungen können ohne Ausschreibung oder mit einer vereinfachten Ausschreibung im Falle von Vereinbarungen mit mehreren Unternehmen erfolgen. Die Einzelbestellung darf hier jedoch nicht von der Rahmenvereinbarung abweichen.

Die Geltungsdauer einer solchen Vereinbarung ist in Deutschland mit maximal vier Jahren, für Sektoren mit acht Jahren festgelegt. Der Zuschlag ist nach dem wirtschaftlichsten Angebot zu geben. Dies ist jenes, mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Zudem sind qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte zu berücksichtigen. Die Zuschlagskriterien müssen den Bewerbern bekannt gemacht werden [5].

Umgang mit Anbietern aus Drittländern

Beim Umgang mit Anbietern aus Drittländern wird grundsätzlich keine Unterscheidung zu jenen mit Anbietern aus anderen EU-Ländern gemacht. Um die heimische Wirtschaft und Produktion hier jedoch ein wenig zu schützen, besteht die Möglichkeit, Drittlandanbieter, die nicht aus einem Land kommen, mit dem die EU verbindliche internationale Abkommen oder bilaterale Freihandelsabkommen unterzeichnet hat, stets vom Angebotsprozess auszuschließen.

Gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle
Auf den Sektorenbereich übertragen bedeutet diese Möglichkeit, dass ein Angebot zurückgewiesen werden kann, wenn der Warenanteil zu mehr als 50 % aus Nicht- EU-Ländern stammt. Für Deutschland heißt das: zusätzlich auch bei EWG-Ländern und all jenen, mit denen es kein Abkommen über gegenseitigen Marktzugang gibt [6]. Des weiteren reagiert die Europäische Kommission in einer Mitteilung wie folgt: Wenn ein öffentlicher Auftraggeber ein solches Angebot nicht ablehnt, sondern seine Teilnahme am Vergabeverfahren zulässt, muss der öffentliche Auftraggeber gleichwertigen Angeboten, die weniger als 50 % von Erzeugnissen mit Ursprung in Drittländern umfassen, den Vorzug geben. So müssen bei Vergabeverfahren die Grundsätze des EU-Vertrages in Bezug auf Transparenz, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung eingehalten werden. Bei ungewöhnlich niedrigen Angeboten besteht für öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit, diese abzulehnen und dadurch gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Bieter zu gewährleisten.

Gleiche Standards für alle
Ebenso fordert die EU-Kommission in einer Aussendung, dass eine strategisch orientierte Auftragsvergabe eine verantwortungsbewusstere und gezielte Verwendung öffentlicher Gelder ermögliche, Investitionen innerhalb der EU fördere und zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen beitragen kann, indem alle Bieter – unabhängig des Herkunftslandes – dieselben Standards einhalten. Dazu gehören auch die sozial verantwortliche Vergabe öffentlicher Aufträge, ein umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen und die innovationsfördernde öffentliche Auftragsvergabe [7].

Regionalität

Die Produktion eines umfangreichen Rohr- und Formstückprogramms sorgt für volle Lager und garantiert damit rasche und unbürokratische Lieferung.

Regionalität

Die Produktion eines umfangreichen Rohr- und Formstückprogramms sorgt für volle Lager und garantiert damit rasche und unbürokratische Lieferung.

Regionalität auf allen Ebenen

Weitere Kriterien sind die Art des Produktionsverfahrens, der Standort des Produktionsprozesses, dort vorherrschende und eingehaltene Lohn- und Sozialstandards, sowie die Komplexität und Transparenz der Lieferkette. Vor allem dem Bereich Lohn- und Sozialdumping soll so ein Riegel vorgeschoben werden. Solche regionalen Projekte schaffen und sichern Arbeitsplätze in Wohnnähe, die auch die arbeits-rechtlichen Vorgaben erfüllen und den Sozialstandards entsprechen. Höhere Produktionskosten in Europa sind damit kein Hindernis. Stadtgemeinden, in denen die Produktionsbetriebe angesiedelt sind, profitieren wiederum durch die Kommunalabgaben, wenn die lokalen Unternehmen gesund und die Auftragsbücher gut gefüllt sind. Gerade die Lieferketten werden durch die Covid-19-Pandemie häufig auf harte Proben gestellt und in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.

Neben der Forderung nach gewissen Standards, die die Produkte einhalten sollen, wird das Bewusstsein für diese Lieferwege immer größer und wichtiger – auch bei Ausschreibungen. So hat der Kunde wenig davon, wenn ein Produkt vielleicht günstiger außerhalb Europas eingekauft wird, er dieses aber nicht erhält, da die Lieferung durch Pandemien, Blockaden, Kriege oder ähnlichen schwer vorhersehbaren Ereignissen beeinträchtigt wird. Mit europäischen Produkten kauft man nicht nur Liefersicherheit. Mit gutem Ge-wissen kann man ebenso davon ausgehen, dass neben der hohen Produktqualität auch die Sozialstandards eingehalten wurden.

Mit der Stärkung der regionalen Wirtschaft wird ein guter Boden geschaffen, auf den wir bauen können – dies ist mehr als ein guter Grund.